Appalachian Trail
21.6. bis 25.6. Harpers Ferry – Pine Grove
Washington war so anstrengend, dass wir gleich noch einen Zero dran hängten. Unsere Füße sind den harten, ebenen Boden einfach nicht mehr gewohnt. Wo sind die spitzen, scharfkantigen Steine, die in unmöglichen Winkeln in den Weg ragen?
Hätten wir mal nicht so laut gebrüllt! Mit Verlassen der schönen historischen Kleinstadt Harpers Ferry, die irgendwann – mit mehr Zeit – noch einmal besucht werden muss (um alle Schilder zu lesen und alle kleinen Häuser zu besichtigen), ändert sich die Landschaft. Es wird langsam flacher, dafür felsiger. Man merkt die nahe Zivilisation. Wir kamen an einem freien Campingplatz im Wald vorbei, der doch tatsächlich Duschen hat.
Die Nacht später verbrachten wir, zum ersten Mal seit Wochen, wieder in einem Shelter. Er war einfach zu verlockend neu und sauber. Er war allerdings ohne direktes Wasser angegeben und so hatten wir die Wahl: das Wasser im Gepäck 600 Fuß den letzten Hang hochschleppen, oder vom Shelter aus ohne Gepäck wieder 300 Fuß abzusteigen um dort Wasser fassen zu können. Ohne Gepäck!? Da nimmt man die 0,8 Meilen extra nach einem 19 Meilen Tag doch gerne in Kauf!!
Den nächsten Tag gingen wir langsam an und ließen uns an einem Park erst einmal Pizza liefern. Um 17 Uhr kamen wir am Shelter an… oh Mann, schon wieder so ein schönes! Diesmal aber anders: es gab ein 25 Mann Shelter mit Kies drum herum, damit man nach dem Aufstehen nicht erst nach Schlangen suchen muss. Wäscheleinen, 52 Sitzgelegenheiten mit gelegtem Steinboden – davon eine überdacht, einen Bach, der sogar tief genug ist, um sich komplett reinzulegen, ein Privy, in dem ein Duftbaum hängt und sogar Toilettenpapier vorhanden ist!! Um 18 Uhr saßen alle frisch gebadet am Tisch und die Wäsche hing gewaschen auf der Leine – was ein anstrengender 13 Meilen-Tag!
Tags drauf – unserem vorletzten mit den Kindern – wollten wir nochmal 19 Meilen angehen. Dummerweise kam nach 10 Meilen eine Parkanlage mit Freibad an einem Bach und Burgerbude! Also war um 11 Uhr mal wieder Schluss mit Weiterlaufen und wir saßen bei 33 Grad unter einem Pavillion. Und klar, wenn Hiker und Feuerstelle aufeinandertreffen, wird ein Feuer gemacht. Um 17 Uhr rafften wir uns dann doch noch auf und schleppten uns die zwei Meilen hinauf zum nächsten Shelter. Dieses wird von seinem „Besitzer“ (den wir auch noch kennenlernten) gepflegt, wie ein Schrebergarten. Es gibt ernsthaft Blumenkübel mit Veilchen, einen Bach mit Steinumrandung, einen kitschigen Frosch und ein Schildkrötenhaus mit Sonnenuhr… Alles top in Schuss und den Kies hatte er gerade erst geharkt! Oh Mann, wir werden den PATC noch vermissen!
Am nächsten Tag überschlugen sich die Ereignisse: Eine Schotterstraße mitten im Wald, drei sich in den Armen liegende Thruhiker = Midpoint, Meile 1092,9!!! Ein Schritt weiter und es ist vorwärts kürzer als zurück!
Zwei Meilen später kam dann auch ein offizielles Schild, da hatten wir den feierlichen Moment schon fast vergessen, denn es ging hinab zu einem Campstore! Und zwar dem Store, dem jeder Hiker entgegenfiebert: die „half gallon challenge“ rief!!
Zwei Liter Eiscreme, das sind je nach Sorte zwischen 2400 und 3360 Kalorien. Den Tagesrekord schaffte unsere 14-Jährige mit 23 Minuten, Tina brauchte 47 Minuten und Mario schaffte es dann doch noch in 2 Stunden und 45 Minuten – nur nicht aufgeben!
Damit nicht getan, gab es zwei Stunden später im Hostel, das nur für uns öffnete, Abendessen und alle schlugen wieder zu. Man braucht ja auch noch etwas trockeneres zum Essen.
Morgen ist unser letzter Tag mit den Mädels und ihrem Dad. Sie werden, nach 5 Wochen auf dem Trail, für diese Jahr Schluss machen. Damit wird es nachts wieder schön ruhig werden!